Hart ziehen behende
Finger an den Bremshebeln und unbarmherzig treten in massives Leder
gehüllte Beine auf die Fußbremsen. Grund dieser Notbremsung
ist ein rund 30 Meter hoher Felsabbruch auf einem vermeintlich topfebenen
Hochplateau direkt vor unseren Rädern, der unseren Vorwärtsdrang
nach fast 400 km Pistenfahrt abrupt hemmt. |

Felsabbrüche auf den Hochplateaus. |
Während sich der Staub langsam legt, kommen
verschwitzte Gesichter unter den Helmen zum Vorschein. Hier geht es
jedenfalls nicht weiter. Nach ein paar beruhigenden Zigarettenzügen
unserer Raucher beginnen wir mit dem Orten der Lage. Müssen wir
umkehren oder finden wir einen anderen Weg? Nach einigem Suchen, was
mehrere Kilometer Auf- und Abfahrt entlang der Kante bedeutet, glaubt
Robert einen Abstieg gefunden zu haben. Allerdings in Form einer steilen
Sanddüne, die sich im Laufe der Jahrzehnte langsam den Abhang
hinaufgeschoben hat, auf deren Rücken wir die Abfahrt wagen können.
Und die "Fahrt" hinunter sollte ein erster Vorgeschmack
dessen sein, was wir ein paar Tage später dann mitten in der
libyschen Sahara noch erleben sollten. Zuerst jedoch entladen wir
in praller Sonne die Motorräder und werfen das Gepäck die
Düne hinunter, denn nur mit unbeladenen Maschinen kann der Abstieg
in Angriff genommen werden. Dann tasten wir uns bergab, immer darauf
achtend, daß das Hinterrad mehr belastet wird als das vordere.
Ein Köpfler mit anschließendem Salto wäre unweigerlich
die Folge. Doch einer nach dem anderen kommt heil herunter, und anschließend
schlagen wir etwas beruhigt unser Nachtquartier auf. |

Akakusgebirge.
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Doch bevor es zu dieser abenteuerlichen Fahrt gekommen
war, wollten einige Hürden überwunden werden, über
ein Jahr dauerten Planung und Vorbereitung. An alles mußte gedacht
werden: Zusatztanks für die Maschinen, stabile Gepäcksträger,
Wasserbehälter, Werkzeug, Ersatzteile, Impfungen, Satellitennavigationssysteme
und vieles mehr. Als wir dann um die Einreisevisa und die arabische
Übersetzung der Pässe ansuchten, begann die große
innere Unruhe, wir nennen das Reisefieber. Wie immer, wenn eine große
Fahrt ins Unbekannte bevorsteht. Freunde brachten uns und die Enduros
per PKW und Anhänger zum Hafen von Genua; dann eine ruhige Überfahrt.
Ja, nicht einmal die nervenaufreibende Einreiseprozedur in Tunis konnte
uns wirklich erschüttern. Tunesien durchfuhren wir in zwei Tagen,
einzig die wunderschönen Moscheen in Kairouan, einer der vier
heiligen Städte des Islam, und das riesige römische Theater
in El Djem, befanden wir eines Haltes wert. Dann Ras Ajdir, die tunesisch-libysche
Grenze, Abschied von Hans und Volker, das Abenteuer nahm konkrete
Formen an. Schlagartig änderte sich alles uns bisher vertraute,
nur mehr arabische Hinweistafeln und Verkehrszeichen, aber auch keine
Einheimischen mehr, die mindestens einer Fremdsprache mächtig
sind. Auch wenn es nur die paar Worte: "Hallo, wie geht´s?
Kommen und gucken, kost´ fast nix, machen gute Preis" sind.
Die Formalitäten an der Grenze hingegen dauerten überraschend
nur drei Stunden. Freundliche Zöllner ließen uns in Ruhe
alle notwendigen Papiere ausfüllen, kontrollierten die arabischen
Übersetzungen unserer Pässe und zu guter Letzt bekamen unsere
motorisierten Untersätze bis auf weiteres ein arabisches Kennzeichen
aufmontiert. Die Temperatur lag bei angenehmen 30° C im Oktober. |

Die Oase Ghadames. |
Über Nalut bis zur alten maurischen Stadt Ghadames
- schon seit Urzeiten Drehscheibe des Karawanenhandels - ging es flott
dahin auf vorzüglich ausgebauten Asphaltstraßen, nur hie
und da unterbrochen von den in Nordafrika üblichen Straßenkontrollen.
Und Ghadames war wirklich sehenswert, kein Massentourismus, kein Nepp,
nur die einheimische Bevölkerung und ihre ureigensten Gewohnheiten.
Allerdings erwischte es unglücklicherweise gleich zu Beginn der
Reise Walter, im benachbarten Ägypten würde man diese Krankheit
"die Rache des Pharaohs" nennen, und wir verloren gleich
mehrere wertvolleTage. Durch den Flüssigkeitsverlust wird der
menschliche Körper derart geschwächt, daß wir an ein
Weiterfahren vorerst nicht einmal zu denken wagten. Schließlich
war unser Kamerad soweit bei Kräften, daß es weitergehen
konnte und es erfolgte endlich der erste Pisteneinstieg von Darj über
die Plateaustrecke nach Idri. Kilometerlang, ja stundenlang fuhren
wir bei rund 80 km/h nahezu im Formationsflug dahin. Ein Hintereinanderfahren
auf der harten staubigen Piste hätte die Nachfolgenden unweigerlich
in eine Staubwolke gehüllt und die Sicht auf Null herabgesetzt.
Und die Augen offenhalten muß man immer und überall, zahlreiche
Querrinnen stellen eine eminente Gefahr dar. Wenn man mit dem Vorderrad
ungebremst in eine dieser knie tiefen Rinnen kommt, bedeutet dies
unweigerlich einen Sturz, der leider nicht immer glimpflich verläuft.
Nach dem Brunnen Bir Rimit verließen wir die durch lose Steinhügel
oder leere Fässer markierte Plateaupiste und schlugen uns südlich
in den Erg Awbari. Ein letzter Blick zurück auf die uns mittlerweile
so vertraut gewordenen Wegweiser, dann mußten wir uns endgültig
an die unendliche Stille der weiten Sahara gewöhnen. Als Orientierung
dienten uns von nun an nur der Kompaß und das GPS (Global Positioning
System). Eben bis zu eingangs erwähntem Felsabbruch. |

Piste Dari-Idri.
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Tags darauf stoßen wir auf ein Weichdünenfeld
und kämpfen uns mühsam von Düne zu Düne. Die Dünen
sind zwar nicht allzu hoch, dennoch graben sich unsere Motorräder
permanent bis zur Achse ein. Umfahren ist meist nicht möglich
und so schaffen wir nur 10 km Luftlinie, während auf dem Tacho
50 km anstehen. Ein großes Problem stellt das Gewicht unserer
Boliden dar. Obwohl sie eher zur Kategorie der Leichtgewichte gehören,
bringen sie es mit Zusatztanks, Wasser und Gepäck auf rund 300
kg. Ein weiteres Problem stellen die Fech-Fech - Weichsandfelder -
dar, in denen die Maschinen in voller Fahrt bei ca. 80 km/h unvermittelt
einsinken und abrupt zum Stillstand kommen. Ein Abflug für den
Fahrer über den Lenker ist die unweigerliche Folge. So ein Einsinken
bedeutet zumeist eine mittlere Katastrophe. Nicht nur für den
Betroffenen, der ein paar Minuten benötigt, um sich vom Schock
des Überschlages zu erholen. Der oder die nachfolgenden müssen
nun in der Nähe des Fech-Fech ebenfalls anhalten, um zu helfen,
während die vorausfahrenden oft erst nach einiger Zeit dahinterkommen,
daß kein Motorrad mehr nachkommt. Jetzt heißt es umkehren
und zurückfahren, man will die Kameraden ja nicht alleine lassen.
Mittlerweile wird das bis über beide Räder eingesunkene
und steckengebliebene Motorrad "abgeräumt", das heißt
entladen. Komplett! Parallel dazu wird das Vorderrad freigeschaufelt,
das ganze bei rund 45° C - ohne Schatten. Unser Trinkwasserverbrauch
steigt exorbitant. Nun wird vorsichtig angefahren, vereintes Ziehen
und Schieben, gemeinsames Fluchen - und nicht immer von Erfolg gekrönt!
Dann heißt es weitergraben, solange bis die Fuhre flott kommt.
Das Motorrad wird soweit aus dem Weichsand gefahren, bis es ohne einzusinken
auf griffigem Sand stehenbleibt. Dies können zehn, fünfzig,
aber auch hundert Meter sein. Anschließend kann wieder beladen
werden, alles muß fest sitzen, nichts darf wackeln oder rutschen
und endlich geht es weiter. Gegenseitig helfen wir uns beim Anfahren,
nur der letzte - zumeist auch erfahrendste - ist sich selber überlassen.
Tja, wenn man Pech hat und sich in einem riesigen Fech-Fech-Feld befindet,
beginnt die eben beschriebene Prozedur schon nach ein paar Minuten
aufs Neue. Doch wir haben Glück, nach und nach wird es felsiger. |

Robert vor einer der Dünen. |
Am Brunnen Hassi Nahia ergänzen wir unsere Wasservorräte,
durch die ewige Buddelei haben wir mehr als errechnet verbraucht.
Bis jetzt haben alle unsere GPS-Daten von Hinweisen oder Brunnen exakt
gestimmt, doch in weiterer Folge tauchen vermehrt Diskrepanzen auf.
Autospuren führen kreuz und quer in alle Himmelsrichtungen, nur
nicht südöstlich, wo wir hinwollen. Auch einige Felsformationen
liegen nicht dort, wo wir sie lt. Kartenmaterial oder Positionsdaten
sein sollten. Das zehrt an den Nerven und belastet unsere Freundschaft,
vor allem abends. Denn in der Dämmerung heißt es möglich
rasch die Zelte aufzubauen, das Essen zuzubreiten und dann legen wir
uns mangels geeigneten Freizeitangebotes zumeist hundemüde gleich
aufs Ohr. Während die einen gleich schlafen wollen, bevorzugen
die anderen noch ein Schwätzchen.
Wir beschließen am nächsten Tag, stur einer der uralten
LKW-Spuren zu folgen. Sie endet nach 50 km im Nichts! Also umkehren
zum Ausgangspunkt und eine andere Spur versuchen. Doch immer wieder
stehen wir an unüberwindlichen Abhängen oder in einem Talschluß.
Langsam neigen sich die Vorräte dem Ende. Unsere Benzinvorräte
reichen noch für 150-200 km und das Wasser maximal 3-4 Tage!
Robert - unser alter Wüstenfuchs - schlägt folgendes vor:
In seinen Aufzeichnungen ist eine Militärstation samt Position
eingetragen, keine Tagesetappe entfernt. Der folgende Tag bringt uns
zwar in der richtigen Himmelsrichtung voran, aber wir finden nach
wie vor keine eindeutigen Spuren oder Markierungen zu dieser Miltärbasis.
Nach rund 25 km ein kleines Holzschild mit arabischen Buchstaben darauf.
Nur die Kilometerangaben können wir entziffern: 20. Doch wo ein
Schild ist, da sind auch Menschen, Wasser und vielleicht Sprit. Eine
kurze Peilung mit dem GPS und Robert meint, daß dies ein Wegweiser
zur Militärtstation sein müsse, daß wir es bald erreichen
würden. Und die GPS-Daten haben nicht gelogen, tatsächlich
finden wir diesen einsamen Militärstützpunkt. Die Soldaten
sind über diese willkommene Abwechslung derart erfreut, daß
sie jedem von uns gleich 50 Liter Sprit schenken! "Tourist"
steht groß und deutlich unter der Quittung für den Soldaten,
faktisch der Schenkungsurkunde. Wasser gibt es auch in Hülle
und Fülle aus einem 30 Meter tiefen Brunnen, wo wir es zuerst
heraufholen und dann - wie jedes Wasser in der Wüste - sorgfältig
mittels Tabletten entkeimen müssen. Hocherfreut, daß es
doch einen Ausweg aus einer möglicherweise prekären Lage
gab und ob dieser Flut an notwendigen Flüssigkeiten wechseln
flugs Kugelschreiber und Zigaretten ihre Besitzer. Trotzdem genehmigen
wir uns noch zwei Tage Erholung in dieser faszinierenden Einsamkeit. |

Felsbogen.
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Mit den ausreichenden Benzinvorräten kommen
wir nun frisch gestärkt locker nach Idri und schaffen auch relativ
problemlos die 100 km lange Dünenstrecke nach Maknusa. In einer
Jugendherberge in der Nähe von Ubari legen wir einige Ruhetage
ein, auch die Motorräder brauchen etwas Wartung. Leider sind
wir zeitlich schon sehr arg in Verzug. Zuerst Walters Krankheit und
dann die kleine Odyssee im Erg Awbari. Die Weiterfahrt zum Wau-an-Namus-Krater
wird sich nicht mehr ausgehen, zumal wir jetzt schon bei mehr als
der Halbzeit unserer Reise angelangt sind. |

Der Um El Mah, einer der Mandaraseen. |
Aber zu den berühmten Mandaraseen inmitten der
Wüste müssen wir unbedingt fahren. Hier macht auch das Dünenfahren
Spaß, da das Gepäck in der Unterkunft zurück bleibt.
Die rund 30 km lange Zufahrt zu den Seen finden wir aufgrund vieler
Spuren relativ problemlos, bei der Rückfahrt hingegen hat der
Wind die Spuren ziemlich verwischt und wir müssen uns voll konzentrieren.
Aber dieser Anblick wird uns ewig in Erinnerung bleiben, als wir am
Ufer des Sees Um-el-Mah (Mutter des Wassers) stehen, in blitzblaues
Wasser blicken und in der Spiegelung die bis zum Ufer heranreichenden
Dünen sehen. Ein Wunder der Natur in einem Land, wo Wasser kostbarer
und vor allem teurer ist als Benzin (der Liter kostet 6 Cent!). Insgesamt
soll es zwischen 10 und 15 Seen geben, die Anzahl richtet sich nach
dem Grundwasserspiegel. Wir fanden nur drei, zwei z.Z. ausgetrocknete
und eben den Um-el-Mah. Dessen sehr salzhaltiges Wasser schreckt nicht
nur die gefürchteten Bilharziose-Würmer ab, sondern lädt
uns sogar zum Sprung ins kühle Naß ein. Das Gefühl
ist nicht zu beschreiben, wenn man bei knapp 50° C kopfüber
mitten in der Sahara ins kühle Naß springt.
Durch die vorangegangenen Tage des Zeitvergeudens wagen wir definitiv
nicht mehr den Einstieg zur 800 km langen Wau-an-Namus-Piste und machen
uns auf den Rückweg Richtung Norden. Rasch verändert sich
das Gelb des Sandes in ein Steingrau und je weiter wir uns der Küste
nähern, desto grüner wird die Landschaft. Auch die südliche
Hitze wird im Norden von einer frischen Brise abgelöst. Vorbei
an Tripolis kommen wir zu den alten römischen Ausgrabungen von
Sabrata. |

Römische Ausgrabungen in Leptis Magna.
|
Tripolis war bis 146 v.Chr. karthagisch und nach
dessen Fall Hauptstadt der römischen Provinz Tripolitanien. Durch
die Isolation des Landes von der westlichen Welt entstand hier in
den letzten Jahren keine typische Touristenkultur. Entsprechend unbehelligt
können wir durch den Soukh (Markt) spazieren, vollkommen unbehelligt
genießt man diese einzigartige orientalische Stimmung, die so
vielen Bazaren verloren gegangen ist. Schon immer waren die Moschee
und der Bazar Zentren für Kommunikation, Handel und Politik in
den Städten des Orients. Und gerade hier verspüren wir einen
Hauch davon, als wir uns durch enge verwinkelte Gassen treiben lassen,
manchmal schummrig, aber immer quirlig, laut und voller seltsamer,
uns unbekannter Gerüche. Dazwischen ein Teehaus, eine Garküche
und natürlich die unzähligen Werkstätten, wo man den
Handwerkern bei der Arbeit zusehen kann.
In Sabrata befinden sich wunderschön erhaltene römische
Ruinen, die in ihren Ursprüngen teilweise auf die Phönizier
zurückführen. Das gewaltige Theater war ein Geschenk von
Septimus Severus an seine Heimatstadt, nachdem er zum Röm. Kaiser
ernannt wurde. Und von der Empore hat man einen herrlichen Blick auf
die total mosaikbesetzten Portale der justinianischen Kirche. Den
guten Zustand verdanken die Ruinen dem Umstand, daß sie jahrhundertelang
vom Sand verweht unsichtbar für jedes Forscher- aber auch Plündererauge
verdeckt lagen. Erst Mussolinis Truppen in der Zwischenkriegszeit
legten die Ausgrabungen frei, um die libysche Küste ihren Landsleuten
touristisch zu erschließen. |

Windhose vor uns auf der Piste. |
Dann geht es über die Grenze zurück nach
Tunesien, eine ganz andere Welt öffnet sich wieder. Man kann
den Tourismus förmlich spüren, beängstigend aufdringlich
sind die Händler und "Führer" durch Soukhs und
Bazare. Dieses Land ist überlaufen von Touristen, auch um diese
fortgeschrittene Jahreszeit und die Einheimischen wollen eigentlich
immer und überall nur Geld abzocken. Welch gravierender Unterschied
zu Libyen! Mit Wehmut denken wir an die stillen Abende vor dem Zelt
in der Libyschen Sahara, an den klaren Himmel mit Sternen zum Anfassen
nahe.
Die letzten Tage nützen wir in Gabes, der einzigen Oase am Meer
mit weit über 100.000 Palmen zum Entspannen, wobei Ausflugsfahrten
zum größten Salzsee Nordafrikas, dem Chott El Cherid und
nach Matmata zu den Höhlenmenschen - Drehort der kultigen "Star-Wars"-Trilogie
- nicht fehlen dürfen. Dort treffen wir auch wieder auf unsere
beiden Freunde, die nicht mit nach Libyen eingereist waren. Dann geht
es heimwärts. Italien empfängt uns noch herbstlich warm,
doch spätestens am Gardasee wird uns bewußt, was Herbst
in Mitteleuropa heißt und über die Alpen ist es bereits
bitter kalt. |
Aber wir werden wiederkommen, so es der Wille Allahs
sei!
Allah Akbar (Allah ist groß)! Aber seine Wege sind verschlungen. |
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© Peter Winklmair |
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REISEINFORMATIONEN |
Die »Große Sozialistische Libysche Arabische
Volksdjamahahirja«, wie Libyen im vollen Wortlaut heißt,
liegt an der afrikanischen Mittelmeerküste zwischen Ägypten
und Tunesien. Hauptstadt ist Tripolis. Das Land hat ca. 5 Mill Einwohner,
90% davon in Küstenregionen. Mit rund 1,8 Millionen qm2 ist Libyen
so groß wie Deutschland, Dänemark, England, Italien, Griechenland,
Schweiz, Österreich und die Beneluxstaaten zusammen! Allerdings
sind über 90% dieses Gebietes Wüste. |
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Anreise: |
Mit dem eigenen Fahrzeug ist der kürzeste Weg
über das Meer von Genua/Italien oder Sizilien durch Tunesien.
Auf dem Luftweg kann nur bedingt eingereist werden, Grund ist das
Flugembargo der UN nach dem Lockerby-Attentat.
Da es im Sommer tagsüber zu heiß ist und im Winter die
Tage zu kurz bzw. die Nächte empfindlich kalt sind, empfiehlt
sich als Reisezeit der Frühling oder Herbst. |
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Einreise: |
Reisepaß (muß mindestens noch 6 Monate
gültig sein) zusätzlich ein Visum (wird von der jeweiligen
Libyschen Botschaft ausgestellt), sowie eine arabische Übersetzung
des Reisepaßes und der Kfz-Papiere.
Bei der Einreise muß man am Grenzübergang zusätzlich
eine Haftpflichtversicherung für Libyen abschließen, erhält
dafür ein arabisches Kennzeichen. Neuerdings wird eine Einreise
nur mehr für Reisegruppen gestattet. |
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Verkehrsvorschriften: |
Wir konnten nicht in Erfahrung bringen, ob es eine
zwingende Sturzhelmpflicht gibt, raten aber jedem Reisenden in eigenem
Interesse, auch in der Wüste nicht auf den Kopfschutz zu verzichten!
Tempolimits: innerorts 50 km/h, Überland 85 km/h, auf Schnellstraßen
100 km/h.
Ein eigenes Kapitel sind die libyschen Straßen, die eine vortreffliche
Asphaltqualität aufweisen. Uns ist kein nordafrikanisches Land
mit besseren Straßen aufgefallen. Anfangs stellen auch die arabischen
Buchstaben auf den Hinweistafeln ein Problem dar, man hat aber schnell
den Dreh heraus. Auf Pisten und in der Wüste gibt es - wenn überhaupt
- nur auf großen Kreuzungen oder in Oasen Hinweistafeln.
Häufigstes Fahrzeug neben Pickups sind hauptsächlich alte
französische PKW der Marke Peugeot in teilweise desolatem Zustand.
Wie überhaupt infolge einer fehlenden technischen Überwachung
die abenteuerlichsten Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind.
Vor allem die Landbevölkerung bedient sich hauptsächlich
des Kamels als Fortbewegungsmittel. Vorsicht also bei Fahrten in der
Dämmerung! |
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Treibstoff und Pannen: |
Entlang der asphaltierten Straßen gibt es flächendeckend
Benzin, wenn auch nicht immer hochoktaniges. Abseits der befestigten
Wege, auf Pisten oder in der Wüste muß man jede Möglichkeit
zum Tanken nutzen. Man sollte auf alle Fälle das Motorrad speziell
für eine Wüstenfahrt präparieren, also mit größerem
Tank (oder Zusatztanks) zwecks Erhöhung der Reichweite, verstärkte
Gepäckträger usw. versehen.
Ein modernes japanisches Motorrad kann nicht überall gewartet
oder gar repariert werden. Allerdings findet man in jeder Oase "Werkstätten",
die ansäßigen Mechaniker sind wahre Künstler, wenn
es zu improvisieren gilt.. Und wie in allen südlichen Ländern
kann jeder kleine Dorfschmied helfen und wird es auch gerne gegen
entsprechendes Bakschisch tun.
Der Sprit ist in Libyen ausgesprochen günstig. |
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Unterkünfte: |
Man kann in Libyen recht günstig leben, vorausgesetzt
man erwartet nicht europäischen Standard. Den gibt´s nämlich
nur in Tripolis. Campingplätze finden sich auch keine, also schläft
man immer und überall in Gottes Natur, vielleicht nicht unbedingt
mitten auf einer Piste oder in einem Wadi. |
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Kulinarisches: |
Eine typische libysche Küche ist uns nicht untergekommen,
zudem waren wir ja großteils Selbstversorger außerhalb
der Oasen. Aber immer wieder finden sich auf den Hauptstraßen
"Hendl-Bratstationen" oder Kebab-Grills, hier "Schavurma"
genannt. Als häufigste Speise entdeckten wir Hammelragout mit
Reis. Auch Nudeln mit einer undefinierbaren Fleischsauce sind als
Einheitsgericht in einfachen Restaurants üblich.
Nahezu überall bekommt man den typischen Grüntee mit Minze
oder einen starken süßen Kaffee arabischer Zubereitung
serviert. Alkoholische Getränke jedweder Art haben wir nie zu
Gesicht bekommen. |
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Geschichte: |
Die Felsmalereien im Akakusgebirge datieren die Forscher
mit 9000 v.Chr., die älteste geschichtliche Erwähnung erfolgte
1500 v.Chr., als ein Volk mit pferdebespannten Streitwagen sich die
benachbarten Ägypter vom Leib hielt. Eine erste Hochblüte
erfolgte als griechische, bzw. phönizische Provinz. Später
wurde Libyen karthagisch und nach den punischen Kriegen Teil des römischen
Imperiums. Durch die langen Küsten zum Mittelmeer wechselten
auch entsprechend die herrschenden Mächte: Byzanthinier, Mauren
und bis 1911 die Osmanen. In diesem Jahr überfielen 34.000 Mann
des italienischen Heeres die 7000 Besatzungssoldaten des türkischen
Heeres und nahmen Libyen unter die italienische Flagge. Mit unerbittlicher
Grausamkeit wurden die Stämme in die Wüste zurückgedrängt,
um Lebensraum für Italiener zu schaffen. Besonders berühmt
wurde das Land jedoch im Zweiten Weltkrieg, als es Schauplatz unzähliger
Schlachten um Tobruk, der Cyrenaika und Benghasy zwischen den Armeen
des deutschen Feldmarschalls Rommel und des allierten Generals Montgomerey
wurde. Schon 1949 beschlossen die Vereinten Nationen, Libyen als eigenständigen
Staat zu akzeptieren und 1951 war es das erste saharische unabhängige
Land Nordafrikas. Mit den ersten Erdölfunden 1959 folgte ein
wirtschaftlicher Aufschwung und unter Muammar al-Ghadafi 1969 eine
wirtschaftliche Festigung. Zwar wurden Ghadafi mehrmals terroristische
Kontakte nachgesagt, auch der Bombenanschlag auf eine Boeing 747 über
dem englischen Ort Lockerby wird seinen Schergen zugeschrieben, konnten
seine politische Position aber nie schwächen. Daran änderte
auch ein US-Bombenangriff auf Tripolis 1986 und ein Handelsembargo
nichts. |
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Kartenmaterial: |
Libyen 1:3500.000 (Map of Socialistic Libyan Arab
Jamahahirja)
Tunesien 1:500.000
Russische Militärkarten 1:1.000.000 (erhältlich bei Därr/München). |
© Peter Winklmair |
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